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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 17.05.2002
Aktenzeichen: 16 WF 39/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
BGB § 1684 |
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
Karlsruhe, 17. Mai 2002
Beschluss:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 01. März 2002 aufgehoben.
Die erneute Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin wird dem Amtsgericht übertragen.
Gründe:
Die beteiligten Eltern haben durch gerichtlich beurkundete Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 den Umgang des Vaters mit ihrer Tochter A geregelt. Die Vereinbarung wurde (noch) nicht als gerichtliche Umgangsregelung übernommen. Der Vater beantragt dies. Die Mutter hat in einer Eingabe vom November 2001 dem Familiengericht über verschiedene Schwierigkeiten berichtet. Dies Familienrichterin belehrte die Mutter dahin, dass sie, falls sie ein gerichtliches Verfahren eingeleitet sehen möchte, sie einen Antrag bei der Rechtsantragsstelle zu Protokoll geben möge; zuvor sei sie allerdings gehalten, eine Regelung mit Hilfe des Jugendamts außergerichtlich zu versuchen; bis dahin werde das Gericht nichts veranlassen.
Unter dem 22. Dezember 2001 ließ die Antragstellerin beantragen, den Umgang des Vaters für einige Zeit auszusetzen oder zu beschränken. Außerdem beantragte sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 01. März 2002 Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, die Rechtsverfolgung sei mutwillig, da die Antragstellerin nicht die Beratung und Unterstützung des Jugendamtes nachgesucht habe.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat zunächst Erfolg.
1. Prozesskostenhilfe kann grundsätzlich nicht unter Hinweis auf die Möglichkeit außergerichtlicher Streitschlichtung versagt werden (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1989, 826 für das Verfahren bei der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler). Denn es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bemittelte Partei regelmäßig die außergerichtliche Streitschlichtung suchen werde. Dann muss auch der bedürftigen Partei die Möglichkeit offen bleiben, sich nach eigenem Ermessen zwischen außergerichtlicher Streitschlichtung und gerichtlichem Verfahren zu entscheiden. Ist letzteres gewählt, hat die Partei einen entsprechenden Rechtsgewährungsanspruch, auch wenn sie bedürftig ist.
2. Dies gilt auch für die Hilfe des Jugendamtes in Angelegenheiten der elterlichen Sorge und, wie hier, des Umgangsrechts, jedoch mit folgender Besonderheit:
Prozesskostenhilfe kann auch dann versagt werden, wenn der Elternteil zwar voraussichtlich mit seinen Vorstellungen über die Gestaltung des Umgangsrechts Gehör finden wird, ihm aber ebenso wahrscheinlich gemäß § 94 Abs. 3 S. 2 HS. 1 KostO die Gerichtskosten und gemäß § 13 a FGG die außergerichtlichen Kosten des anderen Elternteils auferlegt werden müssen (Unterform der Mutwilligkeit; vergl. zur Prozesskostenhilfe für ein mit neuem § 97 ZPO unterfallendem Sachvortrag zu begründendem Rechtsmittel OLG Karlsruhe 2. Zivilsenat - Familiensenat, Beschluss vom 5. März 1998 - 2 WF 146/97 FuR 1998, 376). Dies kann dann der Fall sein, wenn ein Elternteil die ihm bekannte Möglichkeit der Beratung und Hilfe des Jugendamtes nicht in Anspruch nimmt und mit der nötigen Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann, dass dort eine Verständigung zustande kommen wird. An eine Voraussage dieses Inhaltes sind hohe Anforderungen zu stellen, damit nicht die Verweigerung der Prozesskostenhilfe zu einer reinen Sanktion dagegen wird, dass der antragstellende Elternteil Beratung und Hilfe des Jugendamtes nicht in Anspruch nimmt.
3. Im übrigen kann dem Elternteil, der nicht vorab die Hilfe und Beratung des Jugendamtes in Anspruch genommen hat, Prozesskostenhilfe nur dann versagt werden, wenn die von ihm gewünschte Rechtsverfolgung im Sinne des § 114 ZPO nicht die hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies kann, soweit es um nicht in Anspruch genommene Hilfe und Beratung des Jugendamts geht, unter verschiedenen Gesichtspunkten geprüft werden.
a) Beurteilung der Frage, ob die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat, nach dem materiellen Recht:
Nach diesem sind die Eltern verpflichtet, eine Einigung zu versuchen und in diesem Rahmen auch verpflichtet, Beratung und Hilfe des Jugendamtes in Anspruch zu nehmen. Das Gericht kann diese Rechtspflicht der Eltern jedoch in der Regel nur nach § 52 FGG beachten und gegebenenfalls das Verfahren aussetzen, wenn nach seiner freien Überzeugung Aussicht auf ein Einvernehmen der Eltern besteht. Dass ein von einem Elternteil in Gang gesetztes Verfahren auf Regelung des Umgangsrechts in einer Aussetzung nach § 52 Abs. 2 Nr. 2 FGG münden kann, berührt jedoch nicht nachteilig die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung.
b) Einstellung des Verfahrens als voraussichtliches Verfahrensergebnis:
Ein Verfahren kann eingestellt werden, wenn die Eltern bereits zu einem Einvernehmen gekommen sind, gleichwohl auf einer gerichtlichen Entscheidung bestehen. Sollte dies bereits im Verfahren auf Prüfung der Prozesskostenhilfe offenkundig sein, könnte diese auch verweigert werden. Ein solcher ohnedies kaum vorstellbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor.
4. Schließlich kommt es auf die Erfolgsaussicht nach allgemeinen Grundsätzen an. Da das Amtsgericht insbesondere diese noch nicht geprüft hat, ist ihm die erneute Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin zu übertragen.
Ende der Entscheidung
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